Preisregulierung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln in der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz
Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. hat einen Forschungsauftrag zur Preisregulierung von erstattungsfähigen Arzneimitteln im generikafähigen Markt in der GKV nach dem GKV-WSG vergeben. Ausgangspunkt ist, dass das „Scharfstellen“ der Rabattverträge zu einem aggressiven Preiswettbewerb (effektive Marktpreise nach Rabatt) geführt hat, der in einer steigenden Marktkonzentration münden kann.
Vor diesem Hintergrund wird untersucht, welche Entwicklungen auf dem generikafähigen Markt aus oligopoltheoretischer Sicht zu erwarten sind. Anschließend wird ein möglicher Vorschlag für einen zentralen Ansatz der Steuerung des generikafähigen Arzneimittelmarktes entwickelt. Die oligopoltheoretischen Analysen zeigen, dass eine Entwicklung vorstellbar ist, in der zunächst ein intensiver Preiswettbewerb herrscht, da das Gut „generikafähiges Arzneimittel“ von den Krankenkassen als relevanten Nachfragern als homogen angesehen wird und bei den Krankenkassen von einer sehr hohen Preiselastizität der Nachfrage ausgegangen werden kann (Bertrand’scher Preiswettbewerb).
Ein solcher Bertrand’scher Preiswettbewerb, bei dem der Preis bis auf die Grenzkosten sinkt, ist in der Realität auf längere Sicht auf oligopolistischen Märkten jedoch selten vorzufinden. Implizite oder gar explizite Preisabsprachen der Oligopolisten führen zu Gewinnmaximierungen zu Gunsten der noch auf dem Markt tätigen Anbieter und zu Lasten der gesellschaftlichen Wohlfahrt sowie der aus dem Markt ausgeschiedenen Unternehmen. Die Wahrscheinlichkeit der Bildung von Preiskartellen bzw. impliziten Preisabsprachen wird umso größer, je kleiner die Anzahl der Oligopolisten ist.
Insofern ist eine Entwicklung vorstellbar, in der der Bertrand’sche Preiswettbewerb bei zunehmender Marktkonzentration von einem Preiskartell oder impliziten Preisabsprachen abgelöst wird. Als weniger wahrscheinlich ist eine Einschränkung des Preiswettbewerbs durch Produktdifferenzierung anzusehen. Vor diesem Hintergrund wird in Fachkreisen auch diskutiert, die gegenwärtige Kombination von zentraler Erstattungs- und Preisregulierung mit dezentralem Preiswettbewerb durch ein durchgängig zentrales System zu ersetzen.
In diesem Papier wird ein mögliches Modell skizziert, wie ein solcher zentraler Ansatz ausgestaltet sein könnte. Der Kern des Modells besteht darin, dass die Erstattungspreise in der GKV so festgelegt werden, dass sie das Nutzenverhältnis der Arzneimittel untereinander widerspiegeln. Zugleich soll auch das Ausgabenverhältnis der einzelnen Indikationsgruppen durch deren Nutzenverhältnis zueinander bestimmt werden. In der praktischen Umsetzung würde z. B. das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen mit einer flächendeckenden Kosten-Nutzen-Bewertung des Arzneimittelmarktes beauftragt; eine Erweiterung des Modelles über den Arzneimittelsektor hinaus kann diskutiert werden. Da ein solcher Ansatz realistisch nicht in einem Schritt implementiert werden kann, wird ein pragmatisches Mehr-Schritt-Szenario entwickelt. Dieses trägt zugleich der zu erwartenden politischen Anforderung an Budgetneutralität in der Einführungsphase Rechnung.